Das Einheitspatentsystem ist am 1. Juni 2023 an den Start gegangen. Mit dieser revolutionären Neuerung im europäischen Patentrecht gehen viele Änderungen und Entwicklungen einher, über die wir Sie regelmäßig auf dem Laufenden halten. Folgen Sie uns auch auf LinkedIn, um die neuesten Updates zu diesem Thema und Einladungen zu unseren Veranstaltungen zu erhalten.
Das Fachbuch erläutert das neue Patentsystem und unterrichtet in kompakter Form über die Schritte und Möglichkeiten, mit denen man eine Patentverletzungsklage zum UPC vorbereiten und durchführen oder wie man auf Beklagtenseite einer solchen Klage begegnen kann.
Weitere Informationen zum Werk von Dr. Michael Nieder finden Sie unter diesem Link.
Interview mit Dr. Stefan M. Zech, LL.M., Patentanwalt, Zugelassener Vertreter vor dem Europäischen Patentamt und dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), European Patent Litigator
Welche Bedeutung wird das Einheitliche Patentgericht für das IP-Recht in Europa haben?
Das einheitliche Patentgericht wird eine prägende Rolle für das IP-Recht in der Europäischen Union einnehmen, da es der führende Spruchkörper für Verletzungsfragen und vermutlich auch für Rechtsbestandsfragen sein wird. Insofern können wir auch davon ausgehen, dass eine gewisse Harmonisierung der Rechtsprechung in Europa durch das Gericht erwirkt werden wird.
Dabei ist dieses paneuropäische Gericht ja selbst ein Novum. Meiner Kenntnis nach ist es das erste europäische Gericht in Europa, das länderübergreifend über zivilrechtliche Ansprüche zwischen zwei Parteien entscheidet. Gleichzeitig ist es befugt, Patente, die in mehreren Staaten gültig sind, für nichtig zu erklären oder sie nur in einem beschränkten Umfang aufrecht zu erhalten.
Dadurch, dass das Gericht mehrere Kammern umfasst, die zum Teil auch parallel zuständig sein können, ist ein gewisser Wettbewerb in das System eingewoben. Das kommt daher, dass der Kläger beziehungsweise die Klägerin oftmals zwischen mehreren Kammern Wahlmöglichkeiten hat und vermutlich den Fall dort anhängig machen wollen wird, wo eine günstige, gleichzeitig aber auch eine in rechtlicher und technischer Hinsicht fundierte Entscheidung zu erwarten ist.
Da Patentauseinandersetzungen oftmals global betrachtet werden müssen, ist ein gut funktionierendes Gericht auch eine Standortfrage für den Europäischen Wirtschaftsraum. Klageparteien aus den USA oder aus Fernost machen routinemäßig Patentverletzungsklagen vor deutschen Gerichten anhängig. Die hohe Kompetenz der spezialisierten Spruchkörper in Deutschland hat dazu geführt, dass diesen Klagen und den daraus resultierenden Entscheidungen hohe Bedeutung für eine weltweite Lösung der Parteien beigemessen wird.
Im neugeschaffenen Einheitlichen Patentgericht könnte sich dieser Trend fortsetzen. Denn einerseits besitzen die Richter sehr hohen Sachverstand in Patentverletzungs- und Rechtsbestandsfragen; und andererseits ist das Gericht selbst supranational verankert, woraus schon inhärent eine länderübergreifende Tragweite der Entscheidungen resultiert.
Gleichzeitig mit dem Einheitlichen Patentgericht ist nach fast 50 Jahren auch ein paneuropäisches Patent endlich Wirklichkeit geworden. Parallel zum klassischen europäischen Bündelpatent, das heißt einem erteilten europäischen Patent, das in einer Reihe von Mitgliedstaaten des Europäischen Patentübereinkommens validiert oder aufrechterhalten wird, gibt es nun das Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung. Dieses Patent hat in allen teilnehmenden Mitgliedsstaaten den gleichen Umfang und bietet eine administrative Vereinfachung für die Patentinhaber:innen, während es zugleich für die abgedeckten Innovationen einen großen territorialen Schutz sicherstellt.
Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile, was die Risiken, die das EPG mit sich bringt?
Die Vorteile des UPC dürften mittelfristig darin bestehen, dass es sich um ein mit hoher richterlicher Kompetenz ausgestattetes Gericht handelt, das in recht kurzer Zeit seine Entscheidungen trifft. Diese Entscheidungen haben darüber hinaus Gültigkeit in einer großen Zahl von EU-Ländern und insofern eine hohe Tragweite. Etwa im Vergleich zu den USA lassen sich Unterlassungstitel in einem klar gegliederten zeitlichen Regime und dabei gleichzeitig in einem relativ gut prognostizierbaren Kostenrahmen erwirken. Aufgrund der länderübergreifenden Natur des Prozesses dürften auch ausgeurteilte Schadensersatzansprüche höher sein als traditionell bei den nationalen Gerichten in der EU üblich.
Die insofern für den Kläger oder die Klägerin skizzierten Vorteile bedeuten gleichzeitig Risiken für die Beklagten. Auf beiden Seiten – auf Klägerseite wie auf Beklagtenseite – werden die eng getakteten Verfahrensabschnitte und die damit einhergehende komplexe Bearbeitung in Kostenhinsicht deutlich zu Buche schlagen. Ein Kostenerstattungsmechanismus sorgt dabei dafür, dass die obsiegende Partei einen großen Teil des geleisteten Aufwands von der unterlegenen Partei ersetzt bekommen kann, wobei sich dadurch natürlich das Kostenrisiko beziehungsweise die Kostenlast für alle Parteien erhöht.
Was das Kostenrisiko angeht, können die Kosten sowie die erstattungsfähigen Kosten ganz erheblich reduziert werden für sogenannte Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen (siehe dazu Definition gemäß einer Empfehlung der EU-Kommission vom 6. Mai 2003), NGOs, Universitäten oder natürlichen Personen, um sicherzustellen, dass die wirtschaftliche Existenz der entsprechenden Partei nicht gefährdet wird. Natürliche Personen können bei Bedarf auch Prozesskostenhilfe beantragen. Insofern ist das neue System für jedermann attraktiv.
Wie sollten sich Wirtschaftsteilnehmer auf das UPC vorbereiten?
Unternehmen sollten sich mit den neuen Chancen ebenso wie den Risiken auseinandersetzen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass vor dem UPC zusätzlich zu Verletzungs- und Nichtigkeitsklagen im eigentlichen Sinne auch Verfahren zur Beweissicherung und einstweilige Verfügungsverfahren anhängig gemacht werden können und von großem Interesse und Nutzen sein könnten. Dies zeigt sich schon jetzt in den ersten Ergebnissen und Fallstatistiken des UPC.
Auf Passivseite sollten sich die Unternehmen mit den Auswirkungen etwaiger gegen sie erwirkter Beweissicherungs- und einstweiliger Verfügungsverfahren auseinandersetzen und hierzu mögliche Strategien mit ihren Beraterinnen und Beratern entwickeln. Für die Absicherung einer guten Patentposition sollte das eigene Patentportfolio ausgebaut und optimiert werden. Die laufenden Routinen für ein Patentclearing beziehungsweise Freedom-to-operate-Analysen sollten weiter sehr ernst genommen und gegebenenfalls angepasst werden.
Das UPC sieht auch die Möglichkeit der Einreichung von Schutzschriften vor, um so einer etwaigen einstweiligen Verfügung zuvorzukommen beziehungsweise das Risiko des Erlasses einer einstweiligen Verfügung gegen das eigene Unternehmen zu reduzieren. Dazu ist es unbedingt erforderlich, möglichst schnell relevanten Stand der Technik aufzuspüren und in einer Schutzschrift zu verarbeiten, um nicht Gefahr zu laufen, mit einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung überzogen zu werden (siehe dazu Anordnung des Gerichts erster Instanz des Einheitlichen Patentgerichts Lokalkammer Düsseldorf erlassen am 22. Juni 2023 in der Sache UPC_CFI_177/2023 myTromer AG vs. Revolt Zycling AG). Es erscheint sehr ratsam, dafür frühzeitig ein Team für alle Verfahren vor dem UPC zusammenzustellen, um für den Ernstfall gerüstet zu sein.
Welche Rolle wird Meissner Bolte im neuen Gerichtssystem spielen?
Wir bei Meissner Bolte haben die Entwicklungen zum Einheitlichen Patentgericht von Anfang an verfolgt und uns gründlich auf das neue System vorbereitet. Das mit dem neuen System einhergehende Verschmelzen von Rechtsbestands- und Verletzungsverfahren kommt uns sehr gelegen: Wir verfolgen schon seit vielen Jahren einen integrierten Ansatz und arbeiten regelmäßig in gemischten Teams aus Rechts- und Patentanwälten an Verletzungs- und Rechtsbestandsverfahren. Dabei kommt uns auch die tiefe technische Expertise, die wir mit unseren Patentanwälten über das gesamte Gebiet der Technik abdecken, sehr zugute.
Wir glauben daher, für ein Unternehmen entweder als Kläger oder Beklagter der ideale Partner zu sein, und zwar sowohl strategisch im Vorfeld als auch in der gerichtlichen Auseinandersetzung:
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