I. Einleitung
Ende des Jahres 2018 hat das Oberlandesgericht Hamburg entschieden, dass Datenschutzverstöße einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß darstellen können (Az.: 327 O 148/16). Damit ist das Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg neben dem Beschluss des Landgerichts Würzburg (Az.: 11 O 1741/18) die zweite gerichtliche Entscheidung, welche Datenschutzverstöße durch Mitbewerber grundsätzlich für abmahnfähig hält.
Für Unternehmen stellt sich daher die Frage, wie hoch das Risiko einer Abmahnung bei Datenschutzverstößen durch Mitbewerber oder Wettbewerbsverbände ist und wie dem vorgebeugt werden kann. Über frei zugängliche Außenauftritte von Unternehmen, wie beispielsweise deren Homepage oder Aktivitäten in sozialen Netzwerken (bspw. Facebook, XING, LinkedIn), kann die fehlende Datenschutzkonformität – auch bei geringen Verstößen – leicht festgestellt werden.
Aktuell wird anlässlich der aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg vielfach diskutiert, ob natürliche oder juristische Personen wegen eines Datenschutzverstoßes durch Wettbewerber oder sonstige Marktteilnehmer abgemahnt werden können. Diesem Thema soll sich im Folgenden gewidmet werden.
II. Rechtsprechung
Vor der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg im Oktober 2018 beschäftigen sich die Gerichte kaum mit der Frage, ob Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) durch Mitbewerber verfolgt werden können.
Das Oberlandesgericht Hamburg (Az.: 327 O 148/16) hat sich in einer Entscheidung vom 25. Oktober 2018 erstmalig vertieft mit der Vorschrift des § 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) auseinandergesetzt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass Unterlassungsansprüche bei Verstößen gegen die DSGVO durch Mitbewerber zuzulassen sind.
Der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg sind lediglich zwei landgerichtliche Entscheidungen vorangegangen, die beide konträr ausgefallen sind.
Das Landgericht Würzburg (Az.: 11 O 1741/18) hat in einem Beschluss vom 13. September 2018 einen Verstoß gegen UWG angenommen, da auf der Homepage der abgemahnten Unternehmerin die im Impressum enthaltene 7-zeilige Datenschutzerklärung nicht den neuen Anforderungen der DSGVO genügt.
Anders entschied lediglich das Landgericht Bochum (Az.: I-12 O 85/18). Nach dem Urteil vom 7. August 2018 stehen Mitbewerbern keine Ansprüche bei Verstößen gegen Regelungen der DSGVO zu, obwohl das Gericht den vom Verfügungskläger vorgebrachten Verstoß gegen Art. 13 der DSGVO bejaht hatte.
III. Rechtliche Grundlage für die Geltendmachung von Ansprüchen
1. Ansprüche aus der DSGVO
Die DSGVO gewährt natürlichen oder juristischen Personen und damit auch Mitbewerbern keine direkten Rechte zur Geltendmachung von Unterlassungs-, Beseitigungs- oder Schadensersatzansprüchen. Die DSGVO bezweckt vorrangig den Schutz von natürlichen Personen bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten und gewährt dementsprechend eine Reihe von Rechten (wie Informationsrechte, Auskunftsund Widerspruchsrecht; Recht auf Berichtigung, Löschung und Einschränkung). Verstöße gegen die DSGVO müssen zur weiteren Verfolgung einer Datenschutzbehörde gemeldet werden, damit diese gegen das betreffende Unternehmen vorgeht. Untersuchungs- und Abhilfebefugnisse stehen allein den nationalen Aufsichtsbehörden zu. Bei der Überwachung der Anwendung der DSGVO spielt daher die Datenschutzbehörde die zentrale Rolle.
2. Ansprüche aus dem UWG
Anders als die DSGVO sieht das UWG die Möglichkeit vor, dass Unternehmen bei Verstößen gegen das UWG selbst Ansprüche (Unterlassungs-, Beseitigung- und Schadensersatzansprüche) gegen die jeweiligen Mitbewerber geltend machen können. Würde also ein Verstoß gegen die DSGVO auch einen Verstoß gegen das UWG darstellen, könnten Unternehmer gegen ihre Mitbewerber die nach dem UWG eingeräumten Ansprüche auch bei Datenschutzverstößen geltend machen.
Hierfür müssten Datenschutzverstöße i. S. d. DSGVO unter die Norm des § 3a UWG fallen. Ob Verstöße gegen die DSGVO von der Norm des § 3a UWG erfasst sind, ist umstritten.
Nach § 3a UWG können Verstöße gegen die DSGVO nur dann geahndet werden, wenn die Vorschrift gegen die zuwidergehandelt wurde, eine sog. Marktverhaltensregelung darstellt und der Verstoß geeignet ist, die Interessen der Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen. Unter Marktverhalten versteht man eine Tätigkeit auf einem Markt, die objektiv der Förderung des Absatzes oder Bezugs dient und durch die ein Unternehmen auf Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer einwirkt (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl. 2019, § 3a Rn. 1.62).
Die DSGVO berücksichtigt auch die wettbewerblichen Auswirkungen des Datenschutzrechts, weshalb es nicht abwegig erscheint, Normen der DSGVO zugleich als Marktverhaltensregeln zu qualifizieren.
Andererseits könnte man die Vorschriften der DSGVO zur Rechtsdurchsetzung (8. Kapitel: Art. 77-84 DSGVO) mit Ausnahme des Art. 80 Abs. 2 DSGVO als abschließende Regelung verstehen und damit die Anwendbarkeit des § 3a UWG verneinen.
Geht man davon aus, dass die Rechtsdurchsetzung in der DSGVO nicht abschließend geregelt ist, so wird man dennoch nicht bei allen Normen der DSGVO die Voraussetzungen des § 3a UWG bejahen können, sondern muss für jede Norm gesondert prüfen, ob ein Verstoß gegen eine sog. Marktverhaltensregel vorliegt.
Bei Verstößen gegen die Informationspflichten (Art. 13, 14 DSGVO) wird man beispielsweise einen Verstoß gegen eine Marktverhaltensregel annehmen können (vgl. hierzu Schreiber, GRUR-Prax 2018, 371). Nach Art. 13, 14 DSGVO müssen bei der Erhebung von personenbezogenen Daten, der Name und die Kontaktdaten des Unternehmens angegeben werden, welches die Daten erhebt.
IV. Fazit und Praxishinweise
Wie die unterschiedlichen Entscheidungen in der Rechtsprechung zeigen, ist aktuell weitgehend ungeklärt, ob eine Abmahnung aufgrund von Datenschutzverstößen gegen Mitbewerber möglich ist. In der Beratungspraxis zählt die Geltendmachung u.a. von Unterlassungsansprüchen durch Abmahnungen wegen Datenschutzverstößen auch nach wie vor zu den Ausnahmen.
Für die Praxis bedeutet dies präventiv insbesondere bei Außenauftritten von Unternehmen die aktuellen Regelungen der DSGVO zu beachten, um keine Angriffsfläche für Beseitigungs-, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche zu bieten.
Falls ein Unternehmen dennoch Adressat einer Abmahnung oder einstweiligen Verfügung wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO werden sollte, sind detailliert das Vorliegen des Verstoßes und dessen Abmahnfähigkeit zu prüfen und gegebenenfalls ist dem Vorwurf entschieden entgegenzutreten (Schreiber, GRUR-Prax 2018, 371).
Auch ist das Missbrauchsgebot gem. § 8 Abs. 4 UWG bei der Prüfung nicht außer Acht zu lassen. Serienmäßige Abmahnungen, die inhaltlich zweifelhaft sind und beispielsweise sich lediglich auf die Wiedergabe von Textbausteinen beziehen und vorwiegend dazu dienen, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen oder der Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen, könnten auch gegen das Missbrauchsverbot gem. § 8 Abs. 4 UWG verstoßen und damit die Geltendmachung des Verstoßes unzulässig machen. Die Beweislast für den Missbrauchstatbestand liegt allerdings beim Abgemahnten und ist im Einzelfall durchaus schwierig (Köhler, ZD 2018, 337).
Auch bleibt abzuwarten, ob dies zukünftig durch eine neue gesetzliche Regelung endgültig entschieden wird. Ein Gesetzesantrag des Freistaates Bayern vom 26. Juni 2018 (BR-Drs. 304/18) liegt vor. In dem Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung zivilrechtlicher Vorschriften an die Datenschutz-Grundverordnung wird vorgeschlagen, § 3a UWG dergestalt zu ergänzen, dass ausdrücklich geregelt ist, dass Vorschriften der DSGVO nicht unter die Vorschrift des § 3a UWG fallen.
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